und es darf wieder geklettert werden. Dies ist ein Bericht über eine Nachtbesteigung des Talwächters. Doch fangen wir vormittags an. Die Vögel vögeln und brüllen rum in Rathen und ganze Bienenvölker gehen ihrem Tagwerk nach. Ein guter Tag um nach dem Rechten zu sehen und den Pfingstlichen Arbeitseinsatz vorzubereiten. Eigentlich wollte ich ja Rasen mähen aber dann waren es mir doch zu viele Insekten in völkischer Mission unterwegs auf dem Löwenzahn, da hab ich meiner natürlichen Faulheit nachgegeben und die kleinen Biester erst mal ihre Bestäubungsaufgaben verrichten lassen.
Brennnesseltee sammeln ist auch wichtig und hat bissl was von Rasenmähen.
Wie so der Mittag zum Nachmittag sich wandeln wollt, also wenn man den Felsen vor der Haustüre hat kann man ja auch einen Pflichtgipfel machen. Trotz Faulheit. Gedacht getan. Kletterzeug angescheußelt und das Seil geschultert. Uferweg kann man immer machen aber die Sehnsucht ist heute der Pfeilerweg. Den ganzen Tag lag er in der Frühlingssonne, warm sicher trocken, wie meine Neubauwohnung.
Der soll es jetzt sein. Wenn ich mich fürchte dann wäre es eine Option notfalls vom Pfeiler abzuseilen. Meinte mein eines ich: P1. Los geht’s, Schuhe aus, Batten an und das Seil angebunden am Kadaver damit es nicht so sehr behindert. Vor dem Pfeilerausstieg war eine Stelle wo rechts noch ne windige Schlinge ging und man sich links um die Ecke mogeln musste. Wie alt muss man werden um festzustellen, dass das auch einen Meter weiter unten geht ohne sich zu fürchten? Somit war bis auf den Pfeiler hoch alles paletti. Die Sonne ist gerade um die Ecke gekrochen, die Wand überm Pfeiler ist sogar schattig. Superbedingung, das macht Mut.
P1 meint so auf dem Pfeiler: Da kannste ja jetzt wenigstens durch den Ring das Seil ziehen zur Selbstsicherung. Also ausbinden und die Strippe durch den Ring.
P2 denkt: Ja und nun? Willste aller 3 m mit Mastwurf arbeiten, das wird doch bescheuert. Beschäftige Dich mit dem Felsen und nicht mit künstlichenHilfsmitteln. Außerdem ist es dann kein freies klettern mehr, Du Nase!
P1 so: Na gut alles wieder zurück- aber auf Deine Verantwortung!
P2: Was soll denn passieren? Wenn dort oben ein Georg sitzen würde würdest Du weder zögern noch überfordert sein. Los ausbinden und dann „empor zum Licht“!
P1: Hast ja recht, wenn man die Freiheit sucht sollte man sich vor ihr auch nicht fürchten. Sächsisch klettern könnte sogar Weltkulturerbe werden. Das wird es ganz sicher nicht wenn die Entwicklung, wie die jüngere Vergangenheit lehrt, in Richtung alles absichern (fast) wie in der Kletterhalle läuft. Gut gesichert wird nahezu überall gekraxelt. Mit dem Erfolg, dass der Fels zum Sportgerät wird und der ursprüngliche Geist sich verflüchtigt.
Also, nachdem meine beiden Ichs im Konsens waren konnte es losgehen. Schönes Klettern kann ich sagen. Am Gipfelbuch war in der Abendsonne schon der Mond am Feldkopf zu sehen. Klares Wetter und gute Aussicht. Abseilen und ein Bier trinken war so der Plan. Da nahm das Schicksal seinen Lauf. Altes jüdisches Sprichwort: Willst Du Gott zum Lachen bringen, erzähle ihm von deinen Plänen.
Abseilen bis zur 2. Öse, Seil abziehen und dann klemmt der Scheiß in der Ritze oben. Das kann doch jetzt nicht Warzenschwein! Mit Sesi am Ring 2m wieder hochgewurstelt, nichts zu machen. Na gut, die Hälfte der Strippe ist ja durch also holst Du jetzt das 2. Seil aus dem Auto und machst den Uferweg und seilst über dem Elend ab. Uferweg haste heut noch nicht. Da waren sich P1 und P2 sofort einig. Tja, was soll das lange Reden, kein 2. Seil im Auto. Das einzig Verfügbare dort beschissen hängen zu lassen geht gar nicht. Wozu aber hat man Freunde? Genau für solche Situationen. Also unserm Kent ein Telefongespräch aufgehalst und eine Einladung zum Nachtklettern ausgesprochen. Freudig wurde zugesagt, der hatte auch einen Haufen Arbeit im Garten in dem er gerade lustlos rumstocherte.
Jetzt war aber das erste Bier fällig, es musste ja eh gewartet werden. Wo war das 2. Seil? Es ist wirklich belastend, wenn man sich unwahres Zeug merkt und das auch noch für bare Münze nimmt.
Nach einem knappen Stündchen kam Kent und es ging im Dustern los, hinauf zum Wächter des Tales, welcher mein Seil wieder freigeben sollte. Kent stieg vor und so haben wir bei einer Mondscheinpartie unseren Gipfel erklommen. Beim Abseilen ließ sich feststellen: das wäre ziemlich dämlich geworden das Seil alleine befreien zu wollen unter solchen Sicherungsbedingungen. Es klemmte bestimmt 8m überm Ring mit einem lockeren Stein zusammen und ließ sich nur von oben rausfummeln. Da hätte ich mich wirklich zur Feile gemacht ohne Sicherung und alleine.
Auf zur Hütte und ein Radler und ein Bier geöffnet. Na?? Was hat wohl der Kent getrunken? Könnte sein dass das zum nächsten Stiftungsfest eine Frage wird. Pünktlich 00:05 am nächsten Tag war ich zu Hause. Ende gut alles gut.
Peter